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FrauSein

- Wenn sich eine Frau Gedanken macht. - 

 

Am Tag des Frauenstreiks.

Noch nie war mir mein Frau-sein so bewusst vor Augen geführt. 

Ich stand in der Zürcher Hauptbahnhofshalle und dachte mir, ich hatte hier noch nie so viele schöne Frauen gesehen. Viele lachten miteinander, waren verrückt oder schlicht so gekleidet wie sie waren. Frauen in ihrer purer Form. Ich fühlte mich sofort wohl und aufgehoben. Sicher. Dass mein Röckchen etwas kürzer war und meine Beine vom Winter noch speckiger und weiss störte mich auf einen Schlag nicht mehr. Mit erhobenem Haupt und einem grossen Lächeln stieg ich in den Zug. Ich hatte das Bedürfnis diese Zeilen zu verfassen. Gedanken zu diesem Geschehen festzuhalten.

Ich war als Kind ein Buben-Mädchen, habe immer mit meinem Bruder und seinen Jungs draussen gespielt, habe jede Sportart mitgemacht und war meist im Gewinnerteam. Wir hatten acht Nachbarsjungen und ein Mädchen, dass auch noch viel jünger als wir andern war. In der Schulzeit war ich diejenige, die mit den Buben in den Pausen Fussball spielte und nach der Schule mit dem bestem Kumpel auf Fahrrädern das Dorf unsicher machte. Mit 10 kam ich das erste Mal in Kontakt mit einer „typischen“ Mädelsgruppe, die darauf achtete, was frau anzog, die in den Pausen Räder schlugen, oder an Reckstangen Figuren übten. Aber es war nicht so, dass ich mich als Junge fühlte. Sie interessierten und faszinierten mich einfach mehr. Ich hatte immer irgendeinen Freund, war ständig neu verliebt. Ich war das Mädchen mit dem man Pferde stehlen konnte, aber Küsse verteilte. Ich liebte es Männer um mich herum zu haben. Und genauso liebte ich dabei eine Frau zu sein. Ich war selbstbewusst. Schon immer. Gentechnisch bestimmt, oder durch meine Eltern als Vorbilder und Erzieher. Ich stand für mich ein, war und bin stets ein respektvoller Mensch, meiner Umwelt und mir selbst gegenüber. 

Ich gehörte immer zur beliebten Clique, hatte immer tolle Frauen und Männer um mich, wurde akzeptiert und geschätzt. Auch ich erlebte in meinem Leben Höhen und Tiefen. Hohe Höhen und tiefe Tiefen. Aber sie lagen nie an der Tatsache, dass ich als Frau geboren wurde. Ich wurde nie bewusst belästigt. Einmal wurde mir an der Streetparade, in der Menschenmenge von einem alten Asiaten an den Po gefasst. Das machte er nicht, weil er ein Mann war, sondern einen Flick ab hatte. Ich war damals 14 und das ist meine einzige #metoo Geschichte. 

Ich habe mich in jungen Jahren nie als das schwächere Geschlecht gefühlt. Aber ich musste natürlich grinsen, wenn mir gesagt wurde, dass Männer in Liebesdingen nicht mit mir zurecht kamen, weil ich ihnen zu stark war. Das schien nie mein Problem gewesen zu sein, sondern ihres. 

Heute lebe ich in einer Beziehung, in der mein Mann seine Hosen trägt und ich meine, am Liebsten habe ich es jedoch, wenn wir sie beide ausziehen. *verschmitzter-Zwinker-Smile* Und er würde nun lachend den Kopf schütteln und denken, typisch meine Freundin.

Im Berufsleben wurde ich schliesslich das erste Mal damit konfrontiert, dass Frau-sein nicht immer nur Vorteile hatte. Mit 27 Jahren machte ich mich selbstständig und war blond. (Finde ich ein wichtiges Detail) Um meine Lehrkompetenzen aufzupolieren, bildete ich mich weiter und in diesem Lehrgang gab es Männer und Frauen aus verschiedenen Branchen und als mich das erste Mal in meinem Leben ein Mann meinen Ratschlag nicht ernst nahm und als ihn ein andere Mann wiederholte, mit dem Hinweis, dass ich das bereits erwähnt hatte, plötzlich toll fand, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich merkte, dass es wichtiger war denn je, selbstbewusst für die eigene Sache zu kämpfen. Dabei ging es mir irgendwann nicht mehr darum als Frau ernst genommen zu werden, sondern als Mensch, als Lehrperson, als Entwicklerin einer innovativen Idee zur Kreativitätsaktivierung. Seither lasse ich mich nicht mehr bremsen, ausser von mir selbst. Und genau hier liegt meine Meinung; ich bin selbst für mich verantwortlich, nicht für das tun anderer, das Denken anderer, den Respekt anderer. Ich kann als Vorbild agieren und genauso oft von anderen nicht gemocht werden. Beide passiert, beides okay. 

Ich wünsche mir nicht die Frauen an die Macht. Ich wünsche mir, dass wir Menschen aufhören nach Macht zu streben. Aber genauso wie dieser Wunsch Utopia bedeutet, wird es wohl auch nie vollkommene Gleichberechtigung geben. Weder zwischen Mann und Frau, noch zwischen Mensch und Tier, Mensch und Umwelt. So lange wir nach Macht streben, werden Ungerechtigkeiten herrschen. Nur immer wieder neu formatiert, oder neu fokussiert.

Was mich betrifft. Ich fühle mich berechtigt zu entscheiden, was ich mit meinem Körper tue, ob ich eine Karriere bevorzugen würde, oder Zuhause meine Kinder erziehen möchte, ich fühle mich berechtigt angemessen Geld zu verdienen, eine Strasse entlang zu gehen und dabei zu tragen, was ich möchte. Ich fühle mich berechtigt gehört zu werden, zu sagen, was ich denke, ohne verurteilt zu werden, meine Emotionen zu zeigen und meine Vorzüge zu nutzen. Ich fühle mich berechtigt vollkommen Frau zu sein, vollkommen Mensch zu sein.